Anna Svec: »Noch elitärer als die Zusammensetzung im Parlament ist die Politik, die dort überwiegend gemacht wird«

Am 29. September wird in Österreich gewählt. Die KPÖ hat die Chance bei den Nationalratswahlen die 4%-Hürde zu überspringen und damit wieder im Parlament vertreten zu sein. So auch Anna Svec, Listenplatz 5 auf der Bundesliste der KPÖ und Sprecherin von LINKS-Wien.

Die KPÖ hat in ganz Österreich die notwendigen Unterstützungserklärungen gesammelt und wird damit fix am Stimmzettel stehen. Du trittst in Wien für die KPÖ an, welche Rückmeldungen hast du bisher bekommen?

Ich habe selten so viel Zuversicht erlebt wie in den Gesprächen beim Sammeln der Unterstützungserklärungen. Es begeistert mich, wie viele Menschen auf uns zählen und mit dem Einzug der KPÖ in den Nationalrat rechnen. Es spricht Bände, wie schnell die Unterstützungserklärungen gesammelt waren: Die Menschen haben genug von der Rechtsentwicklung im Parlament, sie wollen endlich eine linke Opposition.

Keine 10% der Abgeordneten im aktuellen Nationalrat haben einen Lehrabschluss, Unternehmer sind hingegen weit überrepräsentiert. Kein Wunder, dass im Nationalrat Politik für bestimmte Gruppen gemacht wird. Was kann die KPÖ daran ändern?

Noch elitärer als die Zusammensetzung im Parlament ist die Politik, die dort überwiegend gemacht wird. Es sollte darum gehen, für die Mehrheit der Leute gute Lebensbedingungen zu schaffen: eine gerechte Verteilung, soziale Sicherheit, Gleichstellung und ein Zusammenleben ohne Diskriminierung und Ausgrenzung. Stattdessen machen ÖVP, Grüne, SPÖ, FPÖ und NEOS allzu oft Politik für Unternehmen und die Wohlhabendsten. Das sind aktuell nämlich jene, die die stärksten Lobbys haben und ihre Interessen durchsetzen können. Wir brauchen aber genau das Gegenteil: keine Interessensvertretung derjenigen, die es sich schon bisher richten können, sondern eine Kraft für die grundlegenden Veränderungen, die es braucht.
Eine linke Opposition steht für Reichensteuern, schafft Armut ab, weil wir uns das leisten können, kämpft dafür, dass keine Profite mit unseren Grundbedürfnissen gemacht werden und dagegen, dass migrantische Menschen, Frauen, Arbeitende und Erwerbslose in unserer Gesellschaft draufzahlen. Und sie zeigt bei jeder Gelegenheit, dass eine Gesellschaft möglich ist, die sich an den Bedürfnissen der Menschen und auch des Klimas orientiert und nicht am ständigen Vermehren von Gewinnen.
Im Wahlkampf setzt die KPÖ auf das Thema Wohnen. Wo brennt es in Wien?
Viele Menschen, mit denen ich nicht nur in den letzten Wochen gesprochen habe, wollen uns unterstützen, werden aber wegen ihrer Staatsbürgerschaft daran gehindert. Wer keine österreichische Staatsbürgerschaft hat, darf nicht demokratisch mitbestimmen. Ich finde das zutiefst undemokratisch. Wahlrecht für alle, die hier leben, ist ein absolutes Muss. Nicht nur in Wien.

Welches Thema liegt dir besonders am Herzen? Was willst du als Abgeordnete im Nationalrat besonders einbringen?

Ich setze mich schon seit über 15 Jahren für eine gerechte Wirtschaft und Verteilung ein. So wie es derzeit ist, ist es unerträglich ungerecht. Die reichsten 5 Prozent der Bevölkerung haben mehr Vermögen als alle anderen zusammen. Pflegekräfte, Pädagog:innen, Handelsangestellte, Menschen in der Erwerbslosigkeit und viele andere kommen kaum mit den normalen Ausgaben zurande, während Konzerne ungebremst Milliardengewinne machen und kaum Steuern zahlen. Da stimmt etwas ganz grundlegend nicht. Ich möchte mich für echte Umverteilungsmaßnahmen und den Kampf für eine gerechte Wirtschaft starkmachen. Um von dieser Ungerechtigkeit abzulenken, wird dabei oft gegen Sozialleistungsbezieher*innen, gegen Migrant:innen und Geflüchtete gehetzt. Mir ist wichtig, auch eine starke Stimme gegen diese Hetze und Spaltung zu sein.

Die KPÖ bietet jetzt schon an vielen Orten Sprechstunden an, zu denen Menschen ohne Termin mit ihren Anliegen kommen können. Auch KPÖ-Nationalratsabgeordnete verpflichten sich, Sprechstunden in ganz Österreich abzuhalten. Warum ist das wichtig?

Ich unterstütze selbst in meiner Erwerbsarbeit Menschen in der Arbeitslosigkeit und helfe ihnen dabei, ihre Ansprüche durchzusetzen. Daneben mache ich auch ehrenamtlich bei LINKS Beratungen zu Mietrecht und Sozialleistungen. Wer nie den Kontakt zu Menschen verliert, für die der Alltag oft ein Kampf ist, der vergisst auch nicht, warum es so wichtig ist, für Veränderung zu kämpfen. Menschen haben dieses System gemacht, es ist nicht naturgegeben. Wir Menschen können die jetzigen Bedingungen ändern und den Menschen, die uns in Beratungen von den Belastungen und Ungerechtigkeiten ihres Alltags berichten, eine Stimme im Parlament geben und ihnen gleichzeitig Mut machen, für eine gerechtere Gesellschaft aktiv zu werden.

Ein Abgeordneter verdient 10.351€ im Monat. Abgehobene Gehälter führen zu abgehobener Politik, die KPÖ ist daher für die gesetzliche Begrenzung von Politikergehältern. In der KPÖ gilt eine Einkommensgrenze von 2.500€. Warum ist das wichtig?

Die Einkommensgrenze, die wir uns selbst setzen, ist wichtig, um nie zu vergessen, mit wem wir Politik machen wollen. Wer so weit von den Lebensbedingungen der Menschen entfernt ist, dass er sich nicht mehr vorstellen kann, wie bedrohlich eine Jahresabrechnung für Gas und Strom sein kann, der hebt nur allzu leicht ab. Das lassen wir nicht zu, weil wir nicht 8 Mal so viel verdienen wie die Menschen, mit denen wir Politik machen und deren Stimme wir auch im Nationalrat sein wollen. Deshalb sollen unsere Gehälter für Sozialberatungen und den ständigen Kontakt mit Menschen ausgegeben werden, die genau wissen, wie hart das Leben in dieser Gesellschaft oft sein kann.

Bei den Wahlen gilt die 4%-Hürde, es wird knapp für die KPÖ. Wie schätzt du unsere Erfolgschancen ein?

Die Zuversicht der Menschen, mit denen ich über den Antritt der KPÖ mit Unterstützung von LINKS in Wien spreche, ist ziemlich überwältigend. Das macht mich so sicher, dass es gelingt, diesmal eine linke Opposition in den Nationalrat zu wählen. Die Menschen wollen endlich linke Politik, die nicht umfällt oder sich anbiedert, und können so eine Politik diesmal auch bei der Nationalratswahl ankreuzen. Es hat sich in den letzten Monaten schon in Graz, Salzburg und Innsbruck gezeigt, was es bedeutet, wenn Menschen ohne Bauchweh für wirklich linke Politik stimmen können. Am 29. September schaffen wir es auch gemeinsam in den Nationalrat!

Im Wahlkampf wird sehr viel von Freiwilligen gestemmt. Wie kann man die KPÖ dabei unterstützen?

Wir setzen darauf, dass Menschen uns ehrenamtlich im Wahlkampf unterstützen und das ist gut so. Weil es nicht nur um den Einzug in Parlamente geht, sondern auch darum, Menschen zu ermutigen, aktiv zu werden. Wir laden alle ein, mit uns Flugblätter zu stecken, Plakate zu kleben, Events zu organisieren und Menschen in den Grätzln von der KPÖ und von LINKS zu überzeugen. Wir freuen uns über jeden Kontakt per E-Mail oder auf Social Media und haben für alle Zeitressourcen gute Vorschläge zum Mitmachen.
Fast noch wichtiger ist aber, dass alle, die uns im Parlament sehen wollen, ihre Freund*innen überzeugen, mit ihren Familien und Kolleg*innen diskutieren, auf Social Media zeigen, wo sie ihr Kreuzerl machen, ihre Wahlkabine-Ergebnisse teilen, oder schreiben, warum sie diesmal KPÖ wählen. Linke Politik funktioniert, wenn wir begeistert sind, überzeugen können, und wenn wir im Wahlkampf zeigen, was wir zwischen den Wahlen alles mit den Menschen erreicht haben.
Nur, wenn wir viele sind, können wir etwas an den Verhältnissen ändern. Der Wahlkampf ist eine besondere Zeit, in der sich viele dazu entschließen, selbst etwas zum Aufbau linker Politik beitragen zu wollen. Dabei braucht es die verschiedensten Fähigkeiten: egal ob Plakatieren, verteilen, Gespräche führen, Technik, das Organisieren von Events: man kann sich auf die verschiedensten Arten einbringen und jeder Kopf und jede Hand machen einen großen Unterschied.

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