Claudia Krieglsteiner: »Es gibt eine Wende in der Haltung der Wähler*innen zur KPÖ«

Am 29. September wird in Österreich gewählt. Die KPÖ hat die Chance bei den Nationalratswahlen die 4%-Hürde zu überspringen und damit wieder im Parlament vertreten zu sein. So auch Claudia Krieglsteiner, KPÖ-Spitzenkandidatin der Landesliste Wien.

Die KPÖ hat in ganz Österreich die notwendigen Unterstützungserklärungen gesammelt und wird damit fix am Stimmzettel stehen. Du trittst in Wien für die KPÖ an, welche Rückmeldungen hast du bisher bekommen?

Es hat bei den Leuten eine Wende in ihrer Haltung zur KPÖ gegeben. Das hat sich schon beim Sammeln der Unterstützungserklärungen vor den Gemeinde- und Bezirksämtern gezeigt. Wir mussten bisher immer sehr viele Menschen fragen, um ein paar Unterschriften zu bekommen. Oft wurde gesagt, “Naja aus Demokratiegründen, warum sollt’s ihr nicht kandidieren?”. Aber diesmal haben sehr rasch sehr viele Passant:innen mit “Klar, diesmal kommt’s ja auch rein” reagiert.

Keine 10% der Abgeordneten im aktuellen Nationalrat haben einen Lehrabschluss, Unternehmer sind hingegen weit überrepräsentiert. Kein Wunder, dass im Nationalrat Politik für bestimmte Gruppen gemacht wird. Was kann die KPÖ daran ändern?

Unsere Mitglieder, Aktivist:innen und Kanditat:innen sind nicht nur aus Überzeugung solidarisch mit den Menschen, die in schwierigen, prekären Lebensumständen zurechtkommen müssen, sie gehen selbst belastenden Berufen nach, sind mit der Teuerung, den ständigen Mieterhöhungen und aktuellen Energiekosten, mit Arbeitslosigkeit und geringen Pensionen konfrontiert. Und wir werden Maßnahmen zu genau den Problemen, die die Menschen beschäftigen und mit denen sie selbst leben müssen, auch in das Parlament einbringen.

Im Wahlkampf setzt die KPÖ auf das Thema Wohnen. Wo brennt es in Wien?

Wenn wir von Vermögens- und Erbschaftssteuern reden, wird oft erwidert, das sei eine Neiddebatte. Und gleichzeitig wird schamlos auf den Menschen herumgehackt, die kaum noch wissen, wie sie ihre laufenden Kosten abdecken sollen. Es gibt eine Fülle von Maßnahmen, die Armut bekämpfen können. Wir verstehen uns ja auch als Mandatar:innen, die Ergebnisse und Erkenntnisse von Bewegungen – wie zum Beispiel der Armutskonferenz – transportieren wollen. Ich halte die rasche Einführung einer Kindergrundsicherung für eine vorrangige Maßnahme. Armut bedeutet immer auch hürdenreicher Zugang zu Bildung, schlechter Gesundheitszustand mit schlimmen Spätfolgen und wenig Vertrauen in sich selbst und die Möglichkeiten, sich in der Gesellschaft zu bewegen. Das sollte in Österreich keinem Kind zugemutet werden.

Welches Thema liegt dir besonders am Herzen? Was willst du als Abgeordnete im Nationalrat besonders einbringen?

Neben den sozialpolitischen Fragen ist für mich das Engagement für Frieden und aktive Neutralität wichtig. Die vielen Toten der Kriege nur der letzten beide Jahre, in der Ukraine und in Russland, in Palästina und Israel und medial völlig unbeachtet in Sudan und im Jemen führen uns alle in eine Rechtfertigungsspirale von Gewalt, Hochrüstung und Bedrohung mit Atomwaffen. Wir brauchen eine Friedensbewegung, die diese Spirale zum Stillstand bringt und wir haben in Österreich gute Voraussetzungen dafür.
Trotz des großen medialen und politischen Drucks versteht die große Mehrheit der Menschen in Österreich, dass die Neutralität unseres Landes gut für uns ist. Aber sie ist auch die beste Grundlage, um solidarisch für die Opfer einzutreten, Desserteur:innen aufzunehmen und den Anstoß für gerechte Friedensverhandlungen zu geben. Im Moment gibt es im Parlament keine Stimme für die Neutralität. Einige benutzen sie als Wahlkampfslogan. Die KPÖ will die Stimme für die Neutralität sein.

Die KPÖ bietet jetzt schon an vielen Orten Sprechstunden an, zu denen Menschen ohne Termin mit ihren Anliegen kommen können. Auch KPÖ-Nationalratsabgeordnete verpflichten sich, Sprechstunden in ganz Österreich abzuhalten. Warum ist das wichtig?

Wir haben in Wien eine Mieter:innen-Beratung und auch ein Beratungscafé – in dem ich ja selbst mitmache. Wir können damit von Armut betroffenen Menschen helfen, im ausgedehnten Dschungel des Wiener Sozialnetzes den richtigen Weg zu finden. Vor allem wenden sich Alleinerzieherinnen an uns, aber auch Jugendliche, die zu Hause Probleme haben und keine Möglichkeit auszuziehen, Migrant:innen, die außer mit den finanziellen Problemen oft auch mit Diskriminierungen am Arbeits- und Wohnungsmarkt konfrontiert sind.
Und was meist unterschätzt wird, es kommen sehr oft alte Leute zu uns, die sehr isoliert leben und sich einsam fühlen. Aber auch das hängt mit der finanziellen Situation zusammen – ohne Geld kein Plauderstündchen im Kaffeehaus, keine Gruppenreisen, keine kulturellen Abende im Theater. Individuelle Beratung, respektvolles Zuhören helfen da schon ein bisschen, aber grundsätzlich geht es darum: Für die, die’s brauchen, von denen die’s haben.

Ein Abgeordneter verdient 10.351€ im Monat. Abgehobene Gehälter führen zu abgehobener Politik, die KPÖ ist daher für die gesetzliche Begrenzung von Politikergehältern. In der KPÖ gilt eine Einkommensgrenze von 2.500€. Warum ist das wichtig?

Wir haben diese Einkommensgrenze aus zwei Gründen: Unsere Mandatar:innen sind “normale” Leute und sie sollen das auch bleiben. Wir wollen keine abgehobene Partei werden, die nicht mehr mitbekommt, wie die meisten Leute leben. Und zum Zweiten finanzieren wir aus dem abgegebenen Mandatsgeld ja unsere Sozialfonds, die Menschen in akuten Notlagen unterstützen und mit denen wir soziale Projekte mitfinanzieren wollen.

Bei den Wahlen gilt die 4%-Hürde, es wird knapp für die KPÖ. Wie schätzt du unsere Erfolgschancen ein?

Wenn wir uns das Wahlergebnis der EU-Wahl von 4,7% in Wien und österreichweit 3% anschauen, dann sind wir schon sehr, sehr nahe dran. Natürlich ist die Situation bei dieser Wahl anders. Fatal wäre es, wenn die KPÖ knapp nicht hineinkommen würde, dann würden diese Stimmen dem linken Lager insgesamt abgehen. Also ich bin vorsichtig optimistisch und jedenfalls werde ich mich in den nächsten Wochen noch sehr ins Zeug legen. Jede Stimme zählt.

Im Wahlkampf wird sehr viel von Freiwilligen gestemmt. Wie kann man die KPÖ dabei unterstützen?

Hilfe, Freundinnen und Freunde und Interessierte sind immer gerne gesehen. Man kann zu den Straßenaktionen kommen, zu Grätzlfesten, zu den Bezirkstreffen oder zu Veranstaltungen. Man kann sich auch direkt an die KPÖ-Wien wenden. Dann wird in einem Gespräch geklärt, wo man sich gerne einbringen kann.

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