WAHLEN | EU-WAHLEN 2024

Daniel Schukovits: Europäische Schlaglichter auf die Ergebnisse der EU-Wahlen

Die Linksfraktion im Europaparlament konnte zu Redaktionsschluss ihre Stellung mit 36 Mandaten (-1) oder 5% weitgehend halten. Hier unterscheiden sich die Ergebnisse von Land zu Land zum Teil stark. Daniel Schukovits wirft Schlaglichter auf Wahlergebnisse, die für die Europäische Linke (EL) besonders von Interesse sind.

Irland


Die grüne Insel, deren nördlicher Landesteil weiterhin unter Kontrolle Großbritanniens steht, entsendet 14 Abgeordnete nach Brüssel. Bisher sind davon vier Mandate auf die Linksfraktion im Europaparlament entfallen, wobei zwei von den »Independents 4 Change«, einer von der republikanischen Linkspartei Sinn Fein (»Wir selbst«) gekommen sind, zusätzlich gab es einen unabhängigen linken Abgeordneten. Am 7. Juni wurden nun in drei Wahlkreisen die neuen Vertreter:innen gewählt, wobei die Endergebnisse nach Redaktionsschluss noch nicht vorliegend waren. Geht es nach den landesweiten Umfragen, so darf sich besonders Sinn Fein auf einen Zugewinn freuen: 16 bis 26% wurden der Partei, die eine Wiedervereinigung mit Nordirland anstrebt, prognostiziert. Dies würde in Mandaten zwischen zwei und vier Sitze bedeuten. Wenig Chancen auf einen Einzug wurden den »Independents 4 Change« und der trotzkistischen Partei »People Before Profit – Solidarity« vorausgesagt. Die Ergebnisse der Wahl dürften in zweierlei Hinsicht interessant sein: Einerseits stehen Anfang 2025 auch Parlamentswahlen an, die für die Zukunft der Insel entscheidend sein könnten: Auch in Nordirland regiert derzeit Sinn Fein als stärkste Partei mit. Andererseits gilt Irland als eine Steueroase für die großen Digitalkonzerne in der EU, die es dort bisher mit dem Datenschutz nicht besonders genau nehmen müssen. Eine Änderung der Kräfteverhältnisse könnte also europaweite Auswirkungen nach sich ziehen.


Belgien


Das Land, das in ein flämisches, ein wallonisches und ein kleines deutsches »Wahlkollegium« geteilt ist, erweist sich auch bei den Europawahlen als komplexe Angelegenheit. Die Partei der Arbeit (PTB), auf die derzeit nicht nur in Österreich viele Augen gerichtet sind, konnte ihren Höhenflug jedenfalls in den beiden großen »Wahlkollegien« fortsetzen. Die Partei, die sich als kommunistische Sammlungsbewegung und »Partei neuen Typs« versteht, konnte besonders in Wallonien mit 15,38% punkten und hat sich auf zwei Mandate verdoppelt.


Deutschland


Das bevölkerungsreichste Land der EU entsendet
 96 Abgeordnete nach dem minderheitenfreundlichen Sainte-Laguë-Verfahren in das Europaparlament, zudem gibt es keine Prozenthürde. Während
 nach dem Ausschluss der rechtsextremen AfD aus
der bisherigen EU-Fraktion »Identität und Demokratie« (ID) der befürchtete Rechtsruck im Land weitgehend ausgebleiben ist, befindet sich auch »Die Linke« in einer schwierigen Situation: Nach der Abspaltung des »Bündnis Sarah Wagenknecht« (BSW) hat die Partei mit 2,7% zwei ihrer bisher fünf Sitze verloren. Laut Medienberichten sucht unterdessen das BSW, das sich »weder links noch rechts« positioniert, neue Verbündete auf europäischer Ebene. Dafür konnte die Gruppe sechs Mandate erringen. Ob das BSW die für eine Fraktion notwendigen 23 Bündnispartner:innen findet – etwa in Frankreich, Spanien, den nordischen Ländern, Rumänien und der Slowakei –, scheint fraglich. Unterdessen sind auch Kleinparteien, die sich bisher teils links positioniert haben, in das Europaparlament eingezogen. Mit 1,4% gelang der linken Tierschutzpartei, die auch bisher in der linken Fraktion vertreten war, der Einzug mit einem Mandat; möglicherweise könnten sich auch Vertreter:innen der Satirepartei »Die Partei« (zwei Mandate) für die Linke entscheiden.


Griechenland


Das Land mit gut 10 Mio. Einwohner:innen hat 21 Abgeordnete in das Europaparlament gewählt. Bis zu einer Spaltung in Folge einer umstrittenen Vorsitzwahl stellte dabei Syriza mit vier Sitzen (nach Spanien und Deutschland) die drittgrößte Gruppe innerhalb der Linksfraktion im EU-Parlament. Die Partei, die trotz einer merklichen Orientierung auf die sogenannte Mitte weiterhin Teil der EL ist, konnte ihre Sitze halten. Auch die orthodox-kommunistische KKE, die die Zusammenarbeit mit anderen Linken stets ausschließt, konnte ihre zwei Mandate verteidigen. An der Prozenthürde von 3% sind zudem die Mera25-Bewegung des früheren Finanzministers Yanis Varoufakis und die ebenfalls mit der EL assoziierte Neue Linke (Nea Aristera) mit jeweils rund 2,5% gescheitert.

Slowenien

Der EL-Mitgliedspartei »Levica« (Die Linke) wurden in Umfragen etwa 8-10% prognostiziert. Mit dem respektablen Ergebnis von 4,75% konnte jedoch keines der neun Mandate errungen werden.

Dieser Beitrag ist erstmals in der Volksstimme 7 / 2024 erschienen.

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