Gregor Sanders: »Gewinnorientierte Unternehmen haben im Sozial- und Gesundheitsbereich nichts zu suchen.«

Am 29. September wird in Österreich gewählt. Die KPÖ hat die Chance bei den Nationalratswahlen die 4%-Hürde zu überspringen und damit wieder im Parlament vertreten zu sein. So auch Gregor Sanders, Listenplatz 7 auf der Bundesliste der KPÖ und Gemeinderat in Innsbruck.

Die KPÖ hat in ganz Österreich die notwendigen Unterstützungserklärungen gesammelt und wird damit fix am Stimmzettel stehen. Du trittst in Tirol für die KPÖ an, welche Rückmeldungen hast du bisher bekommen?

Erstaunlich gute Reaktionen. Wir hatten in Innsbruck noch bis kurz vor dem Start des Sammelns der Unterstützungserklärungen eine Gemeinderatssitzung vorzubereiten. Dementsprechend spät stiegen wir deshalb in Tirol ins Rennen ein. Wir hatten Sorge, dass es knapp werden könnte. Völlig unbegründet! In nur vier Tagen hatten wir die nötigen Unterstützungserklärungen beisammen. Bei den Infoständen erkannten uns die Menschen sofort – nicht nur in Innsbruck, sondern auch in den kleineren Gemeinden am Land. Außerdem kam erstaunlich viel Rücklauf über den Postweg. Bis heute übrigens, obwohl wir längst eingereicht haben.

Keine 10 Prozent der Abgeordneten im aktuellen Nationalrat haben einen Lehrabschluss, Unternehmer sind hingegen weit überrepräsentiert. Kein Wunder, dass im Nationalrat Politik für bestimmte Gruppen gemacht wird. Was kann die KPÖ daran ändern?

Durch die Arbeit im Gemeinderat ist mir aufgefallen, die bürgerlichen Parteien wissen, dass ihnen die KPÖ auf die Finger schaut. Das macht sie vorsichtiger, sich an Steuergeldern zu bedienen. Ich würde mich sehr wundern, wenn die etablierten Parteien in dieser Gemeinderatsperiode noch so dreist wären, für die Erhöhung der Parteienförderung zu stimmen. Wir passen da sehr genau auf.

Und dann ist da natürlich noch die Sache mit der Gehaltsabgabe. Das macht nur die KPÖ. In Innsbruck werden Pia Tomedi, Sabine Lerch und ich bis zum Ende unserer Funktionsperiode 100.000 Euro gespendet haben. Umgelegt auf unsere zukünftigen Abgeordneten wird das eine erheblich höhere Summe sein, die Menschen in Not österreichweit erhalten werden. Alleine deshalb gehört die KPÖ ins Parlament.

Du warst als Betriebsrat im Sozialbereich aktiv. Was muss sich deiner Meinung nach in dieser Branche ändern?

Soziale Dienste werden mehr und mehr ausgelagert. Das ist auch immer eine Einladung für Geschäftsleute, die nur Armutsverwaltung machen, und zwar als sehr profitables Business. Da setzen Unternehmen zum Teil jährlich mehrere Millionen um. Oftmals gibt es auch überhaupt keine Kontrolle, wofür die Mittel verwendet werden. Wer darunter leidet, sind die Nutzer:innen sowie das Personal. Das gehört sofort gestoppt. Gewinnorientierte Unternehmen haben im Sozial- und Gesundheitsbereich nichts zu suchen. Für Mitarbeiter:innen wäre es zudem wichtig, flächendeckend die SEG- bzw. Erschwernis-Zulage durchzusetzen.

Welches Thema liegt dir besonders am Herzen? Was willst du als Abgeordneter im Nationalrat besonders einbringen?

Parlamente sind Bühnen, auf denen man die Möglichkeit hat, Alltagsprobleme sichtbar zu machen. Damit das nicht zur reinen Show verkommt, braucht man aber den ständigen Kontakt zur Bevölkerung. Ich würde deshalb viel in Tirol unterwegs sein, Sprechstunden im ganzen Land halten, den KPÖ-Sozialfonds umverteilen und die dabei gesammelten Anliegen in den Nationalrat zurücktragen.

Die KPÖ bietet jetzt schon an vielen Orten Sprechstunden an, zu denen Menschen mit ihren Anliegen kommen können. Auch KPÖ-Nationalratsabgeordnete verpflichten sich, Sprechstunden in ganz Österreich abzuhalten. Warum ist das wichtig?

Ich will den Menschen vermitteln, dass ich als Abgeordneter in ihrem Dienst stehe. Ich muss für sie da sein – nicht umgekehrt. Es ist meine Pflicht, Sprechstunden anzubieten und das Geld, das ich als Politiker erhalte, wieder umzuverteilen. Denn es ist schließlich Steuergeld und gehört der Bevölkerung zurückgegeben. Wichtig ist aber dabei, den politischen Aspekt zu erkennen. Dass wir unsere Bezüge spenden, hat nichts mit Caritas zu tun. Wir machen das nicht, um gute Menschen zu sein. Wir sind zwar hoffentlich gute Menschen, aber das ist nicht der Punkt. Wir tun es in der Absicht, eine Vorstellung davon vermitteln zu können, wie Gesellschaft jenseits des Kapitalismus aussehen kann. Eine Gesellschaft, wo Kooperation statt Konkurrenz, Gemeinwohl statt Profit die entscheidenden Werte sind.
Dafür bekommen wir dann auch etwas zurück. Wir sammeln in den Sprechstunden zahlreiche Informationen und Hinweise zusammen, die wir dann für die politische Arbeit nutzen können. Und wir lernen neue Menschen kennen, die dann oftmals wiederkommen, sich engagieren wollen, und vielleicht sogar Genoss:innen werden.

Ein Abgeordneter verdient 10.351 Euro im Monat. Abgehobene Gehälter führen zu abgehobener Politik, die KPÖ ist daher für die gesetzliche Begrenzung von Politikergehältern. In der KPÖ gilt eine Einkommensgrenze von 2.500 Euro. Warum ist das wichtig?

Zunächst einmal ist klar: Mit der Differenz von knapp 8.000 Euro (14x Jahr) kann sehr vielen Menschen in Not schnell und unbürokratisch geholfen werden. Alleine das sollte reichen, um diese Praxis als sinnvoll zu betrachten. Wir sollten aber nicht vergessen, dass diese Wirkung in zwei Richtungen einschlägt. Die erste ist offensichtlich: Einer Person in Not wird geholfen. Die zweite erkennt man weniger schnell. Die Abgeordneten bleiben am Boden. Sie haben ein normales Gehalt und damit auch die “normalen” Alltagssorgen. Abgeordnete, die die Teuerungen beim Wohnen oder bei Waren des täglichen Bedarfs selbst spüren, werden viel eher bereit sein, Maßnahmen zu ergreifen, über die die aktuelle Politik nicht mal reden will.

Bei den Wahlen gilt die 4%-Hürde, es wird knapp für die KPÖ. Wie schätzt du unsere Erfolgschancen ein?

Wir haben die letzten Jahre einen Mordszulauf gehabt und konnten uns auch abseits unserer traditionellen Hochburgen durchsetzen. Vor allem bei der Jugend haben wir starke Werte. Tobias Schweiger ist ein Spitzenkandidat, der sich nicht zu schade ist, selbst anzupacken und gleichzeitig auch noch Talkshow kann. Zudem verfügen wir mit dem Grundmandat in Graz über einen Joker. Meine persönliche Einschätzung liegt bei 5,2 Prozent.

Im Wahlkampf wird sehr viel von Freiwilligen gestemmt. Wie kann man die KPÖ dabei unterstützen?

Wahlkämpfe sind die optimale Gelegenheit, eine Partei kennenzulernen. Denn in Wahlkampfzeiten brauchen wir alle Menschen mit all ihren Fähigkeiten. Zudem sind es sehr anspruchsvolle und stressige Zeiten. Wer das durchhält, schafft auch noch viel mehr. Man kann also reinschnuppern und es gleichzeitig auch als Testlauf sehen.

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