10. Oktober in Kärnten: Keinerlei Grund zu feiern

(9.10.2020)

Keinen Grund zum Feiern sieht der Bundesausschuss der KPÖ zum 100. Jahrestag des Kärntner Plebiszits am 10. Oktober.

Am 10. Oktober 1920 sprach sich die Mehrheit der Bevölkerung in der überwiegend slowenischsprachi­gen Zone A Südkärntens in einem Plebiszit für die Zugehörigkeit der Region zu Österreich aus. Dieses Datum stellt eine historische Zäsur für Kärnten dar: spätestens von da an verband sich der Kärntner Deutschnationa­lismus mit dem Nationalsozia­lismus.

Sämtliche offiziösen und regierungsamtlichen Versuche, den 10. Oktober 1920 als zu feierndes Ereignis darzustellen, sind angesichts seiner Ursachen und Folgen nach Meinung des Bundesausschusses und der Kärntner Landesleitung der KPÖ eine Zumutung für antifaschistisch Gesinnte. Daran kann keine Erhöhung der Förderungsmittel für die mittlerweile in ihrer kulturellen und politischen Substanz gefährdete slowenische Volksgruppe etwas ändern.

KPÖ-Bundesausschuss, 7.10.2020


HIntergrund

Der Kampf der Deutschnationalen unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg um die Südgrenze des erhofften großen Deutschland wurde zum »Kärntner Abwehrkampf« umgetauft und zur zentralen deutschnationalen Legende weiterentwickelt, die bis auf den heutigen Tag im Bundesland Kärnten wirksam ist. Die vor dem 10. Oktober proklamierten Versprechungen der provisorischen Landesversammlung bezüglich Wahrung der sprachlichen und kulturellen Rechte der slowenischen Bevölkerung wurden in ihr Gegenteil verkehrt. Die im Abstimmungsver­halten uneinheitliche slowenischsprachige Bevölkerung wurde durch völkisch-rassistische Ideologen des Kärntner Deutschnationa­lismus nachhaltig gespalten: in österreich- bzw. deutschorientierte »Windische«, denen man Assimilation anbot, und in sogenannte »Nationalslowenen«. Letzteren wurde wenige Tage nach dem 10. Oktober 1920 vom Landeschef Arthur Lemisch in der Kärntner Landsmannschaft angekündigt: »Los und ledig wollen wir sein all derjenigen, die den heiligen Frieden unserer Heimat schändeten.« Nach jüngsten Forschungen emigrierten in der Zwischenkriegszeit aufgrund schubartig verstärkten Germanisierun­gsdrucks, Arbeitsplatzverlust und anderer sozialer Diskriminierung Tausende von slowenischen Menschen aus Kärnten nach Jugoslawien, unter ihnen ein großer Teil der schulisch und akademisch gebildeten Schicht. Im selben Zeitraum wurde der Kärntner Heimatdienst die Sozialdemokratie los, die aufgrund ihrer deutschnationalen Orientierung im der Abstimmungspro­paganda Verbündeter gewesen war. Sie wurde nunmehr als Klassenfeind betrachtet und geriet in das Visier der Heimwehren. Im selben Zeitraum nahm in der Kärntner Zivilgesellschaft, in Ämtern und Behörden sowie in den Landtagsparteien der Einfluss der Nazis zu, die im Schoß des Deutschnationa­lismus und im Sumpf der »Abwehrkampf«-Legende groß geworden waren. Sie nahmen in der österreichischen Nazibewegung führende Funktionen ein. Der Kärntner Gauleiter Rainer, vom Triestiner Historiker Galliano Fogar als »Schlächter mit feinen Manieren« bezeichnet, wurde Chef der okkupierten slowenischen Gebiete in Krain; sein Freund Odilo Globočnik Organisator der Massenmorde in Polen; Hubert Klausner, in dessen Büro Rainer arbeitete, kündigte am 12. März 1938 in einer Radioansprache die Machtübernahme in Österreich durch die NSDAP an und gab die Parole »ein Volk, ein Reich, ein Führer« aus. Alois Maier-Kaibitsch, »nationalpoli­tischer Referent für das gemischtsprachige Gebiet bei der Gauleitung der NSDAP Kärnten«, war 1942 Organisator der vom Reservebataillon 171 und SS-Einheiten durchgeführten Vertreibung von rund tausend Angehörigen der slowenischen Volksgruppe.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden 9.000 Ex-Mitglieder der NSDAP von ÖVP und 6.000 von der SPÖ erfolgreich angeworben, mit ihnen wurde auch die deutschnationale Tradition wieder integraler Bestandteil der Landespolitik. Dass in diesen Tagen dem NSDAP-Mitglied Hans Steinacher eine Gedenktafel für seine Verdienste im »Abwehrkampf« eröffnet wird, ist nur einer von unzähligen Belegen dafür. Und dass ein zwischen SPÖ und FPÖ beschlossener »Ortstafelkom­promiss« jenseits staatsvertraglicher Bestimmungen heute als grundsätzliche Wende zelebriert wird, tut dieser keinen Abbruch.

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