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Michael Graber: »Die Forderung des ZVPÖ lautet: 200,- Euro als Fixbetrag für alle Pensionen«

ZVPÖ-Obmann Michael Graber

Vor 100 Jahren wurde der Zentralverband der Pensionist:innen Österreichs (ZVPÖ) gegründet. Er ist eine Interessensvertretung aller Pensionistinnen und Pensionisten, Rentnerinnen und Rentner sowie Befürsorgten. In seiner überparteilichen Tätigkeit nimmt er kritisch zu allen Fragen Stellung, die die Interessen der älteren Generation berühren. Der ZVPÖ tritt seit seinem Bestehen für Frieden und eine fortschrittliche Entwicklung in den gesetzlichen Bestimmungen der Sozialversicherung ein. Anlässlich des bevorstehenden Jubiläums hat Rainer Hackauf dem ZVPÖ-Bundesobmann Michael Graber interviewt.

Ende September starten in Österreich traditionellerweise die Lohnverhandlungen. Diese sind infolge auch Startschuss für die Verhandlungen zu den jährlichen Pensionsanpassungen. Mit welchen Forderungen geht der ZVPÖ in den Herbst?

Gesetzich steht den PensionistInnen die Abgeltung der Inflation des VPI (Verbraucher-Preis-Index) zu, die in der Beobachtungsperiode 4,6% beträgt. Das ist aus unserer Sicht zu wenig, da der für PensionistInnen relevante Warenkorb wesentlich teurer als der VPI geworden ist. Die Forderung des ZVPÖ lautet: 200,- Euro als Fixbetrag für alle Pensionen. Das würde für alle PensionistInnen zumindest die offizielle Teuerung abgelten, für mittlere und insbesondere niedrige Pensionen aber einen spürbaren Kaufkraftgewinn bedeuten.

Ein großes Thema für den ZVPÖ ist die Altersarmut. Laut Statistik Austria sind über 230.000 Menschen über 65 Jahren von Armut oder Ausgrenzung betroffen – darunter besonders viele Frauen. Was müsste sich im Pensionssystem grundsätzlich ändern, um Armut zu verhindern? Eure Forderungen im Wahljahr?

Hier geht es vor allem um die Ausgleichszulage, die überwiegend von Frauen in Anspruch genommen werden muss, da ihre Eigenpensionen so niedrig sind. Der Richtsatz bis zu dem die Ausgleichszulage für Alleinstehende gezahlt wird, beträgt derzeit 1.218,-. Das ist weit unter der offiziellen Armutsschwelle, die derzeit für einen Einpersonenhaushalt 1.572,- Euro beträgt. Der Ausgleichszulagenrichtsatz muss daher zumindest auf, besser aber über die Armutsschwelle angehoben werden. Die Umsetzung dieser Anhebung könnte auch auf zwei oder drei Jahres-Tranchen aufgeteilt werden. Dazu kommt, dass der volkswirtschaftliche Nutzen dieser Anhebung – über 90 Prozent der Anhebung fließen über den Konsum wieder in die Wirtschaft – den finanziellen Aufwand bei weitem übersteigt. Eine weitere wichtige Forderung ist die Abschaffung des Familienrichtsatzes, denn dieser verhindert oft, dass Frauen um die Ausgleichszulage für die Eigenpension umfallen.

Das Thema Pensionen ist viel diskutiert. Von neoliberaler Seite wird es als Generationenkonflikt dargestellt – Jüngere werden gegen Ältere und deren vermeintliche Privilegien ausgespielt. Wie kann unser Pensionssystem solidarisch finanziert werden?

Der ZVPÖ verteidigt das Umlagesystem: Die Beiträge der beruflich Aktiven finanzieren die Pensionen, ohne dass private Versicherungen und deren Profite zwischengeschaltet sind.
Davon profitieren alle, denn auch die Jüngeren können darauf bauen, dass die nächste Generation ihre Pensionen finanzieren wird. Eine wesentliche Stütze für die langfristige Finanzierung wäre die vom seinerzeitigen Sozialminister Dallinger vorgeschlagene wertschöpfungsbezogene Berechnung der Dienstgeberabgaben für die Sozialversicherung.

Dieses Jahr wird der Zentralverband 100 Jahre alt. Warum wurde der Verband einst gegründet, was waren Highlights eurer Verbands-Geschichte?

Am Beginn der Ersten Republik gab es keine Kranken-, Renten- und Unfallversicherung für Arbeiterinnen. Tausende Kriegsinvalide standen vor dem Nichts. Anträge im Parlament versickerten. Der erste Name des 1924 gegründeten Verbandes lautete deshalb »Hilfsverband der Körperbehinderten und Unfallrentner«. Im Laufe der Jahrzehnte änderten sich die Aufgabenstellungen und 1937 entstand der Name »Zentralverband der Sozialrentner Österreichs«, der auch nach 1945 seine überparteiliche Tätigkeit aufnahm. Highlights waren sicher die nach dem Krieg erreichten Erfolge und Verbesserungen für die PensionistInnen, wie etwa die 13. Auszahlung der Pension und der Beschluss des ASVG 1956. Auch zur Durchsetzung des Pflegegeldes 1993 hat der Verband das Seine beigetragen.

Wozu braucht es den ZVPÖ heute noch? Warum sollte man Mitglied werden?

Der ZVPÖ ist nach wie vor die überparteiliche Interessenvertretung der Pensionistinnen, die unabhängig von jeder Regierungskonstellation sich für die Verbesserung der Lage der SeniorInnen einsetzt – sei es im Pensionsrecht, in der Gesundheitspolitik, in der Pflege oder gegen Altersdiskriminierung, aber auch die Abwehr geplanter Verschlechterungen. Dem dient auch die vierteljährlich erscheinende Zeitung »Aktiv Leben«, die Homepage www.zvpoe.at und unsere Präsenz im Österreichischen Seniorenrat – der gesetzlichen Interessenvertretung aller PensionistInnen und Senioren. Der ZVPÖ ist in den meisten Bundesländern mit Gruppen vertreten, die vor Ort Beratung, Freizeitaktivitäten, Ausflüge und Reisen organisieren.

Was hat der ZVPÖ geplant, um die 100 Jahre entsprechend zu begehen oder gar feiern?

Ja, es ist eine Festveranstaltung zum 100. Jahrestag der Gründung des Verbandes geplant, an der Mitglieder und Freunde des Verbands aus allen Bundesländern teilnehmen werden. Wir laden auch Gäste aus den anderen Seniorenorganisationen, befreundeten Organisationen und Mandatare der KPÖ ein, die den Verband besonders unterstützt haben.

Die Veranstaltung findet am 9. Oktober in Wien im Saal der VHS Praterstern 1 von 13 bis 16h statt. Neben den Ansprachen und einem Gastreferat ist ein Kulturprogramm mit Musikern aus Linz und Kärnten, sowie dem Liedermacher Rudi Burda aus Wien vorgesehen.

Außerdem ist eine Festbroschüre erschienen, die die Geschichte des Verbandes und seine Programmatik zusammenfasst. Diese ist beim ZVPÖ unter der Email-Adresse zvpoe@aon.at erhältlich oder kann auf unserer Website als .pdf heruntergeladen werden.

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